- Allgemeinpolitische Gebotenheit
- Leitfragen
- Erläuterungen zu den Subkriterien
- Quellen
- Literaturverzeichnis
- Weitere Kriterien
Leitfragen
A. Bilaterale Beziehungen
- In welchen Bereichen bestehen tragfähige bilaterale Beziehungen mit dem jeweiligen Partnerland?
B. Verhältnis zur EU und zu Deutschland
- Lassen sich entlang bestehender Schwerpunkte der internationalen Kooperation auf EU oder auf nationaler Ebene sinnvolle Anknüpfungspunkte für eine Wissenschaftskooperation finden?
C. Sanktionsbeschlüsse und Embargomaßnahmen
- Bestehen Sanktionen gegenüber dem Partnerland? Und haben gegebenenfalls bestehende Sanktionen konkrete Auswirkungen auf den Wissenschaftsbereich?
- Sind einzelne Universitäten oder Institutionen über Sanktionsbeschlüsse von Kooperationen ausgeschlossen?
- Beziehen sich die Sanktionsbeschlüsse auf institutionelle Förderungen oder haben sie Auswirkungen auf den individuellen Austausch?
- Können Sie Gefahr laufen, arglos für politische, ideologische oder strategische Ziele instrumentalisiert zu werden?
- Kann eine Kooperation, die Unterstützung bestimmter Netzwerke oder die Mitwirkung an Veranstaltungen legitimierenden Charakter entfalten?
D. Rüstungskontrolle und Nonproliferation
- Sind Sie sich über das eventuelle Missbrauchspotenzial ihrer eigenen Forschung bewusst? (BAFA 2022: 16)
- Haben Sie im Rahmen der Wissenschaftsfreiheit eigenverantwortlich geprüft, ob für die Ausfuhr von Waren (zum Beispiel Laborequipment, Testausrüstung), von verkörperter Technologie (in E-Mails, auf Datenträgern, in Clouds etc.), oder auch für die unverkörperte (“intangible”) Weitergabe von Wissen in Ihrem Projekt oder Ihrer Kooperation eine behördliche Genehmigung erforderlich ist? (BAFA 2022: 17)
Erläuterungen zu den Subkriterien
A. Bilaterale Beziehungen
B. Verhältnis zur Europäischen Union und zu Deutschland
Bildungskooperationen bilden Brücken, auch in schwierigen politischen Konstellationen. Vielfach sind es genau solche Kooperationskanäle, die auf eine langjährige, nachhaltige und anhaltende bilaterale Geschichte zurückblicken, oft politischen Widrigkeiten zum Trotz. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist die Geschichte der deutsch-israelischen Wissenschaftskooperation nach dem Zweiten Weltkrieg: “Die Wissenschaft hat nach Krieg, Vertreibung und Völkermord den Weg für Vertrauen und Freundschaft zwischen Deutschland und Israel bereitet – eine unschätzbare Leistung. Jahre bevor offizielle diplomatische Beziehungen aufgenommen wurden, knüpften Wissenschaftler in den fünfziger Jahren die ersten Bande. Daraus ist ein enges Netz deutsch israelischer Forscherbeziehungen gewachsen.” (Prof. Dr. Helmut Schwarz in der Publikation “Länderprofil Israel”, GATE Germany, 2015: 071) Andererseits gibt es auch Konstellationen, wie beispielsweise im Falle Nordkoreas, in denen ein wissenschaftlicher Austausch, so sehr sich dieser in seiner Intention über den fachlichen und persönlichen Kontakt konstituieren mag, auch eine regimestärkende Qualität entwickeln kann.
C. Sanktionsbeschlüsse und Embargomaßnahmen
D. Rüstungskontrolle und Nonproliferation
Die Subkriterien (C) und (D) betten Wissenschaftskooperationen in einen europäischen wie auch nationalen Gesetzesrahmen ein und bilden daher zentrale Bezugspunkte für eine außenwissenschaftspolitische Positionierung. Ergänzend kann die allgemeinpolitische Gebotenheit anhand einer kritischen Reflexion forschungsethischer und wissenschaftsverantwortlicher Gesichtspunkte für ein Kooperationsvorhaben analysiert und bewertet werden.
Besonders hervorzuheben ist, dass außenwissenschaftspolitisches Engagement in schwierigen Kontexten, in denen die diplomatischen Beziehungen aufgrund politischer Entwicklungen angespannt sind, eine Brücke für einen anhaltenden bi- oder multilateralen Austausch bilden kann. Jedoch kann in manchen Fällen eine informierte wie gleichermaßen besonnene Neujustierung wissenschaftlicher Kooperationen und fachlichen Austauschs erforderlich werden.
Durch eine Außenwissenschaftspolitik, die differenziert politische Besonnenheit und die politische Gebotenheit zum Fundament langfristiger und nachhaltiger Strategien macht, lässt sich nach Münkler die “Kleinräumigkeit, Kurzfristigkeit und Emotionalität” (Münkler 2020: 12)2 antiliberaler Regime aufbrechen. So rücken wieder die großen Räume, die langfristigen Ziele und die rationalen Politikprozesse in den Vordergrund. Bezogen auf eine effektive EU-Binnenpolitik und eine europäische Diplomatie appelliert Maull an einen politischen Ansatz, der “gegenseitiger Empathie, Kompromissbereitschaft und der Berücksichtigung der Interessen anderer Raum gewährt [.] […] Dazu müssen angesichts von Unsicherheit und Unvorhersagbarkeit manchmal auch kühne politische Entscheidungen gefällt werden. Es ist nicht zu erwarten, dass mit diesen Entscheidungen immer nur Vorteile einhergehen; gemeinsames Handeln bedeutet auch, dass Kosten anfallen, die zu teilen, und Risiken, die gemeinsam zu tragen sind.” (Maull 2018: 60)3
Quellen
Im Folgenden werden Referenzquellen aufgeführt, die eine erste Einordnung ermöglichen. Zu Beginn werden jeweils die wichtigsten Subkriterien genannt, zu denen anschließend jeweils Informationen zur Verfügung gestellt werden. Die Quellen stellen in vielen Fällen Zugänge zu Informationen Dritter zur Verfügung, die von diesen selbst fortlaufend aktualisiert werden.
A. Bilaterale Beziehungen;
B. Verhältnis zur EU und zu Deutschland
Auswärtiges Amt und Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
Die erste Informationsquelle für allgemeinpolitische Einordnungen ist das Auswärtige Amt sowie im Speziellen die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik.
Internationales Büro des Projektträgers DLR
Auf den wissenschaftlichen Kontext bezogen liefert insbesondere das Internationale Büro des Projektträgers DLR, beauftragt durch das BMBF, umfassendes Informationsmaterial: die Publikationen des DLR werden regionen- wie auch länderspezifisch zu politischen Rahmenbedingungen, zu bilateralen Kooperationen und zu Schwerpunkten der Zusammenarbeit aufbereitet.
Kooperation international
Ein weiteres Portal, das ausführliche Informatinen zu den oben aufgeführten Subkriterien zur Verfügung stellt, ist Kooperation international. Hier werden länder- und themenspezifisch umfassende Analysen zum jeweiligen Hochschulstandort und zu Kooperationsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt.
Kooperation international ist Teil der Strategie der Bundesregierung zur Internationalisierung von Wissenschaft und Forschung, die das BMBF koordiniert. Das Portal informiert über internationale Forschung, Innovationen und Kooperationen und vernetzt Förder-, Forschungs- und Bildungsorganisationen. Es wird vom DLR Projektträger und dem VDI Technologiezentrum GmbH betrieben.
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)
Eine Übersicht über länderbezogene Embargos, Informationen zu Embargo-Vorschriften sowie zu einschlägigen Rechtsgrundlagen wie der EU-Dual-Use-Verordnung finden sich auf der Webseite des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
"EU-Sanctions-Map"
Zu empfehlen ist die EU-Sanctions-Map, die in Form einer digitalen Weltkarte einen umfassenden Überblick über aktuelle EU- und UN-Sanktionen bietet. Vergleichbare Informationen finden sich auch in der Finanzsanktionsliste “FiSaLis 2024”, die sich an Anwendende aus dem justiziellen Bereich richtet.
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und Bundesamt für Verfassungsschutz
Zur Sensibilisierung für Proliferationsrisiken in der Forschung und für die damit verbundenen exportkontrollrechtlichen Grundlagen bietet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zahlreiche Informationen an. Hierzu gehört die Themenseite Exportkontrolle und Wissenschaft (Academia) sowie einschlägige Veröffentlichungen, insbesondere das “Handbuch Exportkontrolle und Academia” in deutscher und in englischer Sprache.
Der Bundesverfassungsschutz stellt zudem Informationen zu Spionage- und Proliferationsabwehr sowie zu Wissenschaftsschutz zur Verfügung, die auch im Bereich der Wissenschaftskooperationen hilfreiche Orientierung bieten.
Stockholm International Peace Research Institute (sipri)
Die Datenbanken des Stockholm International Peace Research Institute (sipri) stellen unter anderem umfassende Informationen zu Dual-Use, zu weltweiten Waffentransfers und zu Militärausgaben bereit. Ferner liefert das Forschungsinstitut Auskünfte zu Waffenembargos und verfasst nationale Berichte zu Waffenexporten.
DFG und Leopoldina: Gemeinsamer Ausschuss zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung
Für den deutschen Wissenschaftskontext besonders relevant ist der Gemeinsame Ausschuss zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung. Dieser Ausschuss soll “das Bewusstsein für die doppelte Verwendbarkeit (Dual-Use) von Forschungsergebnissen, den verantwortungsvollen Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung und die diesbezügliche Selbstregulierung der Wissenschaft stärken.”4 Auf seiner Webseite finden sich anschauliche Fallbeispiele zur effektiven Sensibilisierung von Forschenden und Informationen zur Einrichtung von Kommissionen für Ethik sicherheitsrelevanter Forschung (KEF).
Weitere Referenzwerke oder Leuchtturmprojekte deutscher Allianzpartner in Bezug auf Wissenschaftsverantwortung, Wissenschaftsfreiheit sowie forschungsethische Fragen werden detaillierter unter Kriterium 4 aufgeführt, wenn es um wissenschaftsspezifische Sonderbereiche und Kooperationskontexte geht. Auch auf die Veröffentlichungen des besagten Ausschusses wird weiter unten näher eingegangen.
Literaturverzeichnis
1 Schwarz, 2015, Interviewbeitrag. Quelle: https://www.gate-germany.de/files/Laenderprofil-Israel.pdf (Letzter Zugriff: 20.09.2024).
2 Ausführungen in Anlehnung an Herfried Münkler. Münkler, Herfried (2020): Neuzeit der mächtigen Männer. Die Weltenlenker. In: .loyal Das Magazin für Sicherheitspolitik, 3, 202.
3 Maull, Hans W.: Autismus in der Außenpolitik, In: Stanzel, Volker (Hg.): Die neue Wirklichkeit der Außenpolitik: Diplomatie im 21. Jahrhundert. SWP-Studie 23, November 2018; S. 55-62.
4 Auszug aus https://www.leopoldina.org/ueber-uns/kooperationen/gemeinsamer-ausschuss-dual-use/. (Letzter Zugriff: 16.07.2024).
Weitere Kriterien
Kriterium 1: Allgemeine Sicherheitslage
Kriterium 3: Rechtsstaatlicher und gesellschaftspolitischer Rahmen
Kriterium 4: Chancen und Risiken des jeweiligen Wissenschaftssystems
Kriterium 5: Qualität wissenschaftlicher Partnerinstitutionen
Kriterium 6: Einbettung in die eigene institutionelle Strategie